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Viktor Frankl entwickelt die Logotherapie

Die Logotherapie – Philosophie oder eine Methode der Psychologie? Beides? Die Klärung ist müßig und letzten Endes ohne Bedeutung. Vielleicht ist Logotherapie angewandte Philosophie, die aus der Praxis entwickelt ist. Jedenfalls ist sie wirkungsvoll und hat zahllosen Menschen geholfen, ein entglittenes Leben wieder in den Griff zu bekommen. Viktor Frankl, geboren am 26. März 1905 in Wien, hat ein Medizinstudium absolviert und regen Gedankenaustausch mit Sigmund Freud und Alfred Adler gehabt. Sein Spezialgebiet war von Anfang an die Suizidprävention. Im Jahr 1928 gründete er in Wien die Jugendberatungsstellen mit dem Zweck, Schülersuiziden zuvorzukommen. Die hatten sich nämlich gehäuft, zumal wenn die Matura – Abitur – nicht bestanden wurde. Friedrich Torbergs Roman „Der Schüler Gerber“ ist die literarische Aufarbeitung dieser Zustände. Weltweit bekannt ist Viktor Frankl für seine Entwicklung der Logotherapie.

Die Bestialität des Nationalsozialismus zerbrach an Viktor Frankl

Tatsächlich glückte es Viktor Frankls Jugendberatungsstellen, die Zahl der Schülersuizide auf null zu drücken. Eine der wichtigsten Lehren formulierte Frankl so: „Es ist keine Schande sein Ziel nicht zu erreichen, aber es ist eine Schande, kein Ziel zu haben.“ Das Ziel, das sich Frankl selbst vorgeben musste, war das schiere Überleben. Am 25. September 1942 wurde er mit seinen Eltern ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 27. April 1945 befreite ihn die US-Armee in Türkheim, einem Außenlager des KZs Dachau.

Die Bestialität des Nationalsozialismus – sie zerbrach an Viktor Frankl. Seine Erfahrungen in den Konzentrationslagern verarbeitete er in dem Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“. Und kurz nach der nationalsozialistischen Diktatur postulierte Frankl, dass nur eine Versöhnung einen sinnvollen Ausweg aus den Katastrophen von Krieg und Schoa weisen könne. Vor allem wendet sich Frankl dabei gegen die Kollektivschuld: „Der Nationalsozialismus hat den Rassenwahn aufgebracht.“

Humor ist die Waffe der Seele im Kampf um Selbsterhaltung

Viktor Frankl fährt fort: „In Wirklichkeit gibt es aber nur zwei Menschenrassen, nämlich die „Rasse“ der anständigen Menschen und die „Rasse“ der unanständigen Menschen. Und die „Rassentrennung verläuft quer durch alle Nationen und innerhalb jeder einzelnen Nation quer durch alle Parteien.“ Viktor Frankl heute: Selbsttranszendenz und Selbstdistanzierung wären in einer gespaltenen Gesellschaft für alle von hohem Nutzen. Selbsttranszendenz bedeutet den hohen ethischen Wert der Hingabe an eine Aufgabe oder Person.

Vor allem wäre in der gegenwärtigen Ich-Gesellschaft die Selbstdistanzierung, das humorvolle Absehen von sich selbst, geboten. Viktor Frankl schreibt: „Nichts lässt den Patienten von sich selbst so sehr distanzieren wie der Humor. Der Humor würde verdienen, ein Existenzial genannt zu werden.“ Es war die heitere Gelassenheit der antiken Stoiker, die Frankl als Methode der von Psychologie und Psychiatrie vorschlägt – und als Ideal einer Grundeinstellung: „Humor ist die Waffe der Seele im Kampf um Selbsterhaltung.“ Quelle: Wiener Zeitung vom 2. September 2022

Von Hans Klumbies

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